nach 1 Stunde, nach 6 Stunden und später in der Lunge bereits Tuberkelbazillen nachweisbar waren, einerlei, ob man 1/40 oder 1/4000 mg Kultur inhalieren ließ. In den Bronchialdrüsen fanden sich Tuberkelbazillen bei kleinen Dosen erst nach 3 Tagen, und nach 6 Tagen bereits nicht mehr, weil sie vermutlich in den Drüsen geschädigt waren. Bei größeren Dosen konnten dagegen Tuberkelbazillen in den Bronchialdrüsen schon nach 6 Stunden und ebenso nach 3 und nach 6 Tagen nachgewiesen werden. Auch die Mesenterialdrüsen enthielten bei größeren Dosen bereits nach einem Tage Tuberkelbazillen, was nicht Wunder nehmen kann, da ja zweifellos wie immer der größere Bruchteil der inhalierten Bazillen verschluckt wurde. Ueberhaupt dürfen wir bei Inhalationstuberkulose wohl niemals ein absolut isoliertes Befallen der Lunge und der Bronchialdrüsen erwarten (außer bei tracheotomierten Tieren). Da stets bei den Inhalationsversuchen ein Ueberschuß der Bazillen in Mund und Rachen und in den Darm gelangen wird, so muß anfangs ein Einwandern der Bazillen auch in die Lymphbahnen des Halses, des Darmes etc. stattfinden. Dieses Einwandern wird zu einer Schwellung der beteiligten Drüsen führen, aber langsam und so allmählich, daß der Prozeß nach einiger Zeit vollkommen überholt wird von der rasch innerhalb 20 Tagen vorschreitenden Lungentuberkulose, die von den in die Lunge inhalierten Bazillen ausgeht. Die Lungentuberkulose ist in solchen Versuchen keineswegs auf Rechnung der verschluckten oder vom Rachen resorbierten Bazillen zu setzen, wie man dies bis vor kurzem behauptet hat; denn wenn an eine rein intestinale Infektion Lungentuberkulose sich anschließt, so geschieht das selbst beim Meerschweinchen und nach großen Dosen erst zwischen dem 46. und 62. Tage. Anfangs können aber intestinale und Inhalationsinfektion neben einander hergehen, und wenn man schließlich geschwellte Halsdrüsen, Mesenterialdrüsen und eine vorgeschrittene Lungenaffektion findet, so darf man dies nicht ohne weiteres als einen zusammengehörigen, durch Bazillen des gleichen Infektionsweges nach einander hervorgerufenen Prozeß betrachten, sondern es können sehr wohl an der einen Krankheitserscheinung die verschluckten, an der anderen die inhalierten Bazillen beteiligt sein. Denn die vollständige Ausbildung des Prozesses in der Lunge der Versuchstiere ist schon nach 20 Tagen vorhanden, während die Schwellung und Erkrankung der Drüsen sich nur sehr langsam vollzieht. Die Inhalationsversuche mit versprayten Tuberkelbazillen sind, wie die Wiener Konferenz eben gezeigt hat, von allen Autoren, die überhaupt diese Experimente nachgemacht haben, durchaus bestätigt. Ich erinnere nur an die Versuche von Kuß, von Pfeiffer in Königsberg; ich erinnere daran, daß Orth in Versuchen, z. B. an Ziegen, die enorme Wirksamkeit des Inhalationsexperiments bestätigen konnte; ja auch diejenigen Autoren, welche bisher dem Inhalationsexperiment sehr skeptisch gegenüber standen, haben ihren Widerspruch vollkommen fallen lassen: so namentlich Calmette. Der Inhalationsversuch mit versprayten Tuberkelbazillen gelingt mit so kleinen Dosen, und ruft mit so unheimlicher Sicherheit nach kürzester Zeit Lungentuberkulose hervor, dass man es denjenigen, welche solche Versuche selbst angestellt haben, gewiß nicht verdenken kann, wenn sie geneigt sind, in dem Inhalationsweg eine ganz besonders große Gefahr zu sehen. Es liegt um so mehr nahe, diese Gefahr zu übertreiben, als eben der intestinale Infektionsweg im Experiment entschieden erheblich schwieriger und erst mit sehr viel größeren Dosen und nach längerer Zeit zur Infektion führt. Trotzdem wird man sich hüten müssen, sowohl von den Fütterungsversuchen, wie auch von den Inhalationsversuchen am Tier auf die Verbreitung der Tuberkulose beim Menschen unter natürlichen Verhältnissen zurückzuschließen. Hier kommt vielmehr alles an auf die Infektionsgelegenheiten: speziell für die Inhalation wird es sich fragen, ob denn Tuberkelbazillen in Stäubchen- oder in Tröpfchenform in der Einatmungsluft des Menschen vorkommen, und wie häufig dies der Fall ist. Eine bestimmte ziffermäßige Antwort hierauf ist offenbar schwer zu geben. Was zunächst die tuberkelbazillenhaltigen Stäubchen betrifft, so sind diese nach meiner Meinung in der Umgebung des Menschen nicht sehr verbreitet. Untersucht man Luft, auch staubige Luft aus Räumen, in denen Phthisiker sich aufgehalten haben, oder untersucht man trockenen abgelagerten Staub aus Phthisikerwohnungen, so hat man relativ wenig Ausbeute an Tuberkelbazillen. Man findet hier und da Tuberkelbazillen, aber sehr spärlich an Zahl, was sich dadurch feststellen läßt, daß man die gesammelten Staubmengen in abgemessenen Verdünnungen auf Meerschweinchen verimpft. Da nun aber für die Inhalation von Tuberkelbazillen in Form trockenen Staubes eine gewisse größere Dosis erforderlich ist, so wird auf diesem Wege wohl nicht allzuhäufig eine Infektion zustande kommen. Dagegen sind Tuberkelbazillen in Tröpfchenform leichter in der Luft aus der Umgebung von hustenden Phthisikern nachzuweisen. Durch Auffangen auf Glasplatten und spezifische Färbung kann man sie mikroskopisch sichtbar machen, und durch Auffangen in Bouillonschälchen und Verimpfung auf Meerschweinchen kann man sie auf biologischem Wege konstatieren. Außerdem zeigt sich, daß diese Tröpfchen stets zum Teil eine Größe haben, wie die Tröpfchen des erwähnten Buchnersprays, nämlich 40 Mikren und weniger. Es darf daher mit Bestimmtheit angenommen werden, daß derartige beim Husten verstreute Tröpfchen auch gerade wie die Spraytröpfchen direkt in die Lunge gelangen können. Das einzige, was noch zweifelhaft sein könnte, ist, ob auch die Zahl der Tröpfchen zu einer wirksamen Infektion wohl ausreicht. Aber auch hierüber haben uns sehr zahlreiche quantitative Untersuchungen Aufschluß gegeben. Es hat sich herausgestellt, daß fast bei jedem Phthisiker in einer gewissen Periode seiner Krankheit starke Tröpfchenverstreuung erfolgt, so zwar, daß innerhalb einer Stunde Hunderte von Tuberkelbazillen in die Luft seiner nächsten Umgebung übergehen können. Wiederholt ist auch der Versuch gemacht, Meerschweinchen dadurch direkt zu infizieren, daß sie von Phthisikern auf eine Entfernung von ca. 40 cm angehustet wurden. Sechs positve Erfolge dieser Art hatte Heymann zu verzeichnen, später sind die Versuche von Möller mit gleichem Erfolge wiederholt. Was beim Meerschweinchen mit seinen außerordentlich engen Zugängen zum Respirationstraktus und mit seinem kleinen Atemvolum möglich ist, das muß beim Menschen mit seiner leichteren Zugänglichkeit der Einatmungswege und mit seinem so außerordentlich viel größerem Atemvolum ebenfalls möglich sein. Wie oft aber die Infektion auf diesem Wege wirklich zustande kommt, das ist schwer zu sagen. Allem Anschein nach wird die nötige Dosis von inhalationsfähigen Tröpfchen in der Einatmungsluft nur erreicht bei dauerndem, oft wiederholtem, nahem Zusammensein. Man hat gegen die Inhalationslehre und speziell gegen die Tröpfcheninfektion bei Tuberkulose bis auf den heutigen Tag die Einwendung erhoben, daß, wenn diese Art von Infektion bestände, eigentlich jeder infiziert werden müßte. Ich glaube nicht, daß diese Folgerung richtig ist. Wer quantitativ über die Verstreuung von Hustentröpfchen gearbeitet hat, der gewinnt immer wieder den Eindruck, daß nur das dauernde und intime Zusammenleben ausreichende Infektionsgelegenheit bietet. Eine phthisische Mutter wird das von ihr längere Zeit hindurch gepflegte Kind fast sicher auf dem Inhalationswege infizieren. Andere Familienmitglieder werden auf diesem Wege ergriffen werden, insoweit sie sich eben dauernd im nahen Verkehr mit einem phthisisch Erkrankten halten; auch die an gemeinsamer Arbeitsstätte Arbeitenden werden unter Umständen stark exponiert sein. Dagegen kann ich aus dem vorübergehenden kurz dauernden Verkehr mit einem Phthisiker keine ernste Gefahr ableiten; und auch z. B. der Verkehr des Arztes mit phthisischen Patienten, die Untersuchung derselben etc., wird ihn kaum einer nennenswerten Infektionsgefahr aussetzen. Ich glaube, daß in einer solchen Beschränkung, wie ich sie übrigens von jeher gelehrt habe, die Gefahr der Inhalationstuberkulose ohne weiteres zugegeben werden muß. Unrecht wäre es freilich, wollten wir diesen Infektionsmodus als den einzig wirksamen proklamieren. Die Arbeiten, über welche Herr Ravenel berichtet hat, haben dahin gewirkt, daß auch die anderen Infektionswege bei Tuberkulose gebührend eingeschätzt werden. Es ist zweifellos, daß die Kontaktinfektion im kindlichen Alter eine erhebliche Rolle spielt; es ist auch zweifellos, daß die von perlsüchtigen Kühen herrührenden Nahrungsmittel Infektion bewirken können. Wenn wir heute noch streiten, so ist es höchstens über den Umfang, in dem der eine und in dem der andere Infektionsmodus bei der Verbreitung der Tuberkulose beteiligt ist. Und diesen Umfang genauer einzuschätzen, sind wir kaum in der Lage. Ob 50% der Infektionen auf Inhalation, 50% auf intestinale Infektion zurückzuführen sind, oder ob der eine Infektionsweg mehr oder weniger als 50% beansprucht, das können wir kaum entscheiden. Ich habe in Wien versucht, einige Gesichtspunkte für eine solche Abschätzung abzugeben, teils sind die Erfahrungen der pathologischen Anatomie und der Kliniker geeignet, uns Fingerzeige zu geben (darüber werden wir ja in den folgenden Referaten noch einiges hören); teils sind es Erfahrungen über die Frequenz der Tuberkulose unter Verhältnissen, wo eine Infektionsquelle ausgeschaltet ist; z. B. die Frequenz in milcharmen Ländern, oder die immerhin noch recht beachtenswerte Frequenz bei Wohlhabenden, die einer Kontaktinfektion nicht in nennenswertem Grade ausgesetzt sind. Mich veranlassen diese Erfahrungen, die Inhalation erheblich höher zu bewerten als die intestinale Infektion. Aber ich kann nicht verlangen, daß jeder sich dieser Schätzung anschließt. Man sollte auch nicht zu sehr verallgemeinern; die Lage der Infektionsangelegenheiten bei den einzelnen Völkern und Bevölkerungsschichten, ferner bei Kindern und Erwachsenen ist dazu zu verschieden. Bei Kindern aus ärmlichsten und unreinlichsten Familien wird die Kontaktinfektion vielleicht eine überwiegende Rolle spielen, bei erwachsenen Menschen aus wohlhabenderen Kreisen wird fast ausschließlich Inhalation in Frage kommen; und bei fortgesetzter Zufuhr von Milch mit Perlsuchtbazillen und bei Abwesenheit anderer Infektionsquellen mag nur intestinale Milchinfektion die Erkrankung hervorrufen. Die ungleiche Gangbarkeit der Infektionswege und die überlegene Wirksamkeit des Inhalationsweges wird allerdings bewirken, daß, wenn die Möglichkeit zur Inhalation von Stäubchen oder Tröpfchen gegeben ist, die anderen Infektionsquellen in den Hintergrund treten. Die entstehende Inhalationstuberkulose führt eben so rasch zur Erkrankung und zum Tode, daß die übrigen Infektionsgelegenheiten meist nicht in manifesten Krankheitserscheinungen sich äußern können. Sie kommen daher vorzugsweise nur da in Betracht, wo eine Inhalationsinfektion ausgeschlossen ist. Ich glaube, daß, wenn wir in dieser wie mir scheint, möglichst unparteiischen Weise die einzelnen Infektionsarten beurteilen, wir bald zu einer gemeinsamen Basis gelangen werden, von der aus der Kampf gegen die Tuberkulose einmütig und allseitig aus vollster Ueberzeugung geführt werden kann. 1, 1 Aetiologie der Tuberkulose. Klinische Beobachtungen über die Entstehung primärer Tuberkulose beim Menschen. Von Prof. Dr. v. Schrötter (Wien). Genau genommmen ist das in den Leitsätzen Niedergelegte auch die Summe des Tatsächlichen, das sich über den Gegenstand sagen läßt, und kann nur durch wenige auf die einzelnen Organe bezügliche Erläuterungen weiter ausgeführt werden. Um die Tuberkulose im menschlichen Organismus nachzuweisen, besitzen wir jetzt neben den alten, aber immer noch hoch wertvollen, auf die Anamnese, den Status des Patienten, die physikalische Untersuchung und endlich den Verlauf der Krankheit aufgebauten Methoden, die Tuberkulinprobe in Form der subkutanen Injektion, der Inhalation, der v. Pirquetschen Kutanoreaktion und der Calmetteschen Ophthalmoreaktion. Ferner ist die Serumreaktion, Agglutinationsprobe zu nennen. Es handelt sich aber nicht bloß darum nachzuweisen, ob in dem betreffenden Organismus Tuberkulose besteht oder nicht, sondern wir wollen neben verschiedenem Anderen hauptsächlich wissen, welche die Eingangspforten für den Krankheitserreger gewesen sind, in welchem Organe die Krankheit primär aufgetreten ist, und wie sie sich in dem Organismus weiter ausgebreitet hat. Auf die Tuberkulininjektion erfolgen neben der allgemeinen Reaktion an einzelnen Krankheitsherden Veränderungen, so daß wir lokale Erkrankungen der Lunge, eines Wirbelknochens u. dgl. erschließen können, aber nichts sagt uns, wo der primäre Sitz der Erkrankung zu suchen ist. an Was die Tuberkulininhalation anbelangt, so haben Versuche meiner Klinik (Kapralik und H. v. Schrötter), die im wesentlichen von Bandelier und Huhs bestätigt wurden, gezeigt, daß man in dieser Weise prompte Reaktionen erhält. Wir gewannen damals auch den Eindruck, daß, wenn der Inhalationswert i. e. die zur Erzielung einer Reaktion notwendige Tuberkulinmenge relativ niedrig lag, etwa 30 mg betrug, die so erzielte Wirkung eher auf eine Erkrankung der Lunge als die eines anderen Organes |