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Die Bazillen der Typhusgruppe. Ueber die Morphologie, die Biologie und die Differentialdiagnose der Gruppe des Typhusbazillus.

Von

Prof. Dr. V. Babes (Bukarest).

Bis in die neueste Zeit war es überhaupt nicht ratsam, von einer Gruppe des Typhusbazillus zu sprechen. Zunächst mußten die Arteinheit. die Individualität des Typhusbazillus festgestellt werden und die Versuche zurückgewiesen werden, diesen Bazillus als eine künstliche Varietät des Kolibazillus zu betrachten.

Selbst als es mir gelungen war, eine Reihe von Bazillen zu finden. welche dem Typhusbazillus nahestehen und zum Teil eine Mittelstellung zwischen Kolibazillen und Typhusbazillen einnehmen, wurden diese Studien nicht günstig aufgenommen, da man glaubte, trotzdem ich das Gegenteil behauptete, daß dieselben dazu beitragen könnten, die Lehre von der Arteinheit des Typhusbazillus zu erschüttern.

Dennoch glaube ich behaupten zu können, daß diese meine Arbeit zuerst die Aufmerksamkeit auf die Reihe von Bazillen gelenkt hatte, welche dem Typhusbazillus näher stehen als der Kolibazillus.

Da manche Vertreter dieser Reihe dem Typhusbazillus sehr nahe stehen und selbst oft in der Typhusleiche vorkommen, wurde hierdurch die Frage nach den Unterscheidungsmerkmalen zwischen Typhus- und Kolibazillus bedeutend kompliziert.

In meiner Arbeit beschrieb ich zugleich 2 Fälle, in welchen der typische Typhusbazillus nicht gefunden wurde, wohl aber ein demselben nahestehender, welcher heute wohl als ein Paratyphusbazillus angesprochen werden darf. Allerdings fand ich noch andere Bazillen, welche dem Typhusbazillus noch näher stehen als der erwähnte. Zwischen letzteren Bazillen und dem Typhusbazillus bestehen demnach gewisse Beziehungen, welche die Frage berechtigt erscheinen lassen, inwiefern der Typhusbazillus selbst variabel ist und ob derselbe nicht unter gewissen Bedingungen mehr oder minder beständige Varietäten bilden könne.

Es ist nicht zweifelhaft, daß der Typhusbazillus und demselben sehr nahestehende Bazillen eine Gruppe bilden, welche man vielleicht am besten „Typhoideen" nennen könnte; leider ist es aber sehr schwer, diese Gruppe genau zu umschreiben.

Die größte Schwierigkeit, welche sich diesem Bestreben entgegenstellt, ist die Tatsache, daß vom Typhusbazillus ziemlich weit entfernte Bazillen der Typhuserkrankung ähnliche Prozesse auslösen können, während dies von viel näher stehenden Bazillen nicht bekannt ist. Nach meiner Meinung ist aber diese Schwierigkeit nicht unüberwindlich, wenn wir uns vor Augen halten, daß der medizinische Standpunkt erst in zweiter Linie bei der Bestimmung der Gruppierung der Mikroorganismen in Betracht kommt. Jedenfalls müssen alle morphologischen und biologischen Charaktere der betreffenden Bakterien in der Reihenfolge ihrer naturgeschichtlichen Wichtigkeit zu diesem Zwecke herangezogen werden. Wir werden umso weniger Gewicht auf die Auslösung typhusähnlicher Symptome legen, als auch der Typhusbazillus die verschiedensten Krankheitserscheinungen verursachen kann und seine Virulenz und Toxizität in breiten Grenzen schwanken.

Von diesem Standpunkt aus glauben wir uns berechtigt, von einer Gruppe der Typhoideen und einer nahestehenden zu sprechen, welche den Paratyphus B. den Schweinepestbazillus, jenen gewisser Fleischvergiftungen, den Mäusetyphusbazillus und jenen der Psittacose Nocards begreift. Eine weitere Gruppe lagert sich um den Gärtnerschen Bazillus. Außerdem existieren aber zwischen diesen Gruppen, zwischen der großen Typho-Koligruppe und anderen verwandten Bakteriengruppen zahlreiche Bakterien, welchen zum Teil wenigstens eine Rolle in Krankheiten von Menschen und Tieren, namentlich in Bakterienassoziationen zukommt.

Durch diese Bakterien hängt die Typho-Koli-Reihe mit den Gruppen der Dysenteriebazillen und ähnlichen bei Tieren oberflächliche Nekrosen erregenden Bazillen zusammen (Dysenterideen). Diese stehen dann den unbeweglichen Bakterien der hämorrhagischen Septikämien (Pasteurellosen) nahe.

In dieser Gruppe kann man menschenpathogene Formen unterscheiden, welche sich um den Pestbazillus lagern und von hier aus erkennt man wieder Uebergänge zum Coli immobilis; zum Faecalis alcaligenes etc., welche zur Typhusgruppe zurückführen.

Indem ich, was die ungemein reichlichen und oft widerspruchsvollen Literaturangaben betrifft, auf die Artikel Neufelds, Kutschers, Lenz', Van Ermengems, Jores', Bougerts, Escherichs in KolleWassermanns Handbuch verweise, will ich bloß über meine eigenen Erfahrungen, die hier in Betracht kommenden Gruppen und Stämme betreffend kurz berichten.

Die engere Typhusbazillengruppe (Typhoideen).

Es wurden 12 Stämme untersucht, welche sich durch ihren Ursprung unterscheiden. 2 Stämme sind aus Dauerausscheidung, 2 Stämme sind aus der Leiche, 3 von Lebenden, 1 aus Trinkwasser. (Ein Teil dieser sowie der später zu besprechenden Stämme wurde mir durch Herrn Stabsarzt Kutscher an dem Institut für Infektionskrankheiten in Berlin gütigst zur Verfügung gestellt.) 3 Stämme sind für Laboratoriumstiere auffallend virulent.

Außer den bekannten Merkmalen will ich noch folgendes betonen. Im allgemeinen verhalten sich die verschiedenen Stämme gleichartiger als die Repräsentanten der anderen erwähnten Gruppen, namentlich, was die Größe und Gruppierung der Individuen, der Fäden, der Geißeln betrifft. Ihre Größe, nach Färbung mittelst Fuchsin ist beständiger als jene der übrigen Gruppen; ihre Dicke von 0,4-0,5 μ. Auch in älteren Kulturen erscheinen sie bei dieser Behandlung nicht gequollen; ihre Färbbarkeit ist im Präparate gleichmäßiger, bloß jüngste rundliche oder Bisquitformen sind etwas stärker gefärbt. Die Enden sind undeutlicher als jene der übrigen Gruppen; sie bilden keine Bläschen an den Enden, häufig chromatische Körner, keine deutliche Polfärbung. Bloß mittelst der Färbung nach Romanowski-Giemsa sind die Bazillen ungleichmäßig dick und ziemlich häufig an den Polen gefärbt. Die Geißeln sind resistenter, leichter darstellbar als jene der übrigen Gruppen. Dieselben sind zahlreich, gewöhnlich rings um den Bazillus ziemlich gleichmäßig verteilt, wellig und nicht übermäßig lang. Große Unterschiede finden sich in Bezug auf ihre Virulenz, indem 2 Stämme bis über 1/100 Oese Virulenz für Mäuse zeigten, während 6 Stämme überhaupt nicht als virulent im gebräuchlichen Sinne bezeichnet werden können.

Auch in Betreff der Agglutination fanden sich große Unterschiede, indem bloß mittelst zweier Stämme eine hohe Agglutinationsziffer 1:10000 erzielt werden konnte. Es waren dies ein virulenter und ein nicht virulenter Stamm. Dem Pfeifferschen Versuch gegenüber verhalten sich alle Stämme gleichartig. Auf Nährsubstanzen sind sich die Stämme ziemlich ähnlich. Bouillon wird durch die verschiedenen Stämme mehr oder minder getrübt. Auf Agar findet sich das bekannte Oberflächenwachstum, welches weniger ausgesprochen ist, als bei den übrigen Gruppen mit Ausnahme des Paratyphus A. Auch die Krystallbildung, Pigmentbildung in der Tiefe und der Metallglanz älterer Kulturen können zur Charakterisierung herbeigezogen werden.

Auf gefärbtem Nährboden (nach Buchholz) lassen sich allerdings Varietäten erkennen. Im ganzen verhalten sich die Stämme, wie dies Buchholz beschreibt; doch finden sich folgende Ausnahmen:

Zunächst gibt es Stämme, welche den Malachitagar nicht, oder nur wenig entfärben, einige Stämme verändern auch das Neutralrot, während ein Stamm den Lakmusnährboden nicht entfärbt und ein anderer den Orceïnnährboden unverändert läßt.

Wir können demnach einige mehr selbständige Stämme unterscheiden: 1. Typhusbazillus aus Wasser, welcher, sowohl was die Agglutination, als auch die Aktivität gegenüber den gefärbten Substanzen betrifft, weniger wirksam ist als die übrigen Stämme.

2. Ein mäßig agglutinierbarer, sehr virulenter, Farbstoffen gegenüber sehr wenig aktiver Bazillus (Berl 236). Derselbe läßt nicht nur Neutralrot, sondern auch Malachitgrün. Lakmus und Orceïn fast unVerändert.

Noch ein anderer nicht virulenter Stamm (2) läßt Lakmus unverändert. Ein anderer, im übrigen virulenter Stamm entfärbt Neutralrot energisch.

Wesentlich abweichende Bazillen. Wichtig erscheint das Verhalten eines bei Typhus abdom. in Leber, Milz und Galle in Reinkultur gefundenes Stäbchen. Dasselbe hat die Größe und Färbbarkeit des Typhusbazillus, zahlreiche lange Geißeln. Die Kulturen auf allen Substanzen typhusähnlich, bloß etwas weißlicher, fermentiert nicht Gelose. Milch gerinnt nicht. Bildet nur wenig Säure und wächst auf Conradi-Drigalski's Nährboden, mehr bläulich violett als der ty

pische B. Coli. Derselbe bildet aber mäßig Indol nach längerem Stehenlassen und wächst entschieden reichlicher auf Kartoffel. Auf dem Nährboden nach Buchholz verhält er sich typhusartig.

Neutralrot wird nur wenig und langsam entfärbt: ähnlich dem Typhusbazillus (236). Malachitgrün bleibt gefärbt. ebenso Orcein. während Lakmus in der Tiefe mäßig entfärbt ist.

Der Bazillus ist für Mäuse mäßig virulent, wird durch Typhusserum und das eigene Serum im Verhältnis bloß bis zu 1:50 agglunitiert. Der Pfeiffersche Versuch negativ.

In den Organen der Leiche war der Bazillus ähnlich angeordnet und verteilt wie der Typhusbazillus. Offenbar handelt es sich hier un eine selbständige Zwischenform. wie solche namentlich bei Bakterienassoziationen nicht selten sind.

In diesem Falle ist es hauptsächlich die positive Indolprobe und die negative Pfeiffersche Reaktion, welche uns veranlaßte den Bazillus nicht als einen bloß etwas abweichenden Typhusstamm zu betrachten.

Trotzdem ich im Jahre 1890, als ich eine Reihe von Bazillen beschrieb, welche in der Typhusleiche allein oder im Gefolge des Typhusbazillus in den Organen der Leiche aufgetreten waren (Zeitschr. f. Hygiene. IX. Bd., S. 323), noch nicht über spezifische Reaktionen verfügte, kann ich doch behaupten, daß dieselben teils Paratyphusbazillen, teils von demselben verschiedene, dem Typhusbazillus nahestehende Mikroorganismen darstellen.

Zwei derselben (Taf. 2. VI. u. Taf. 6. XIII) entsprechen offenbar Paratyphusbazillen. Einen ähnlichen Paratyphusbazillus B., welcher sich fast genau so verhielt wie ein aus Paratyphus gezüchtetes Stäbchen (siche Paratyphus). fand ich im vorigen Jahre in der Milz einer Typhusleiche zugleich mit dem Typhusbazillus. Aehnliche Befunde, welche aber nicht gänzlich einwandsfrei waren. wurden mehrfach beschrieben.

Ein sehr typhusähnliches Stäbchen, welches aber durch Typhusserum 1:2000 bloß in 1:200 agglutiniert wurde und auch die Lysinprobe nicht gab, wurde in einem Falle in den Fäkalien eines Typhusrekonvaleszenten gefunden. Dasselbe reagierte nicht auf Paratyphusserum A und B. und unterschied sich von letzterem durch seine stärkere Säurebildung (Petrusky 0,2-0,4), geringere Toxizität und durch die geringe Veränderung des Neutralrots und Malachitagars. Auch enthalten die Kulturen keine hitzebeständigen Giftstoffe. Es handelt sich vielleicht um das Stäbchen (1. c. Fall 2, III), welches dem Paratyphusbazillus A nahe steht.

Eigentümliche, sehr virulente, typhusähnliche Stäbchen fanden sich mehrfach in der Typhusleiche. Dieselben entsprechen dem Fall 6, XIII; sie charakterisieren sich durch ihre geringe Dicke und Länge, sind sehr beweglich. mit zahlreichen langen Geißeln, reduzieren Lakmus energisch ohne Säuren zu bilden, verursachten keine Gerinnung der Milch und keine Gasblasen in Agar und Glykose, bilden opake mamellonierte Kolonien, wachsen reichlich auf Kartoffel.

Ein ganz ähnliches Stäbchen wurde bei fieberhafter Enteritis isoliert; dasselbe ist dem Bazillus Paratyphus B ähnlich, bildet hitzebeständige Giftstoffe, ist für Mäuse und Meerschweinchen sehr virulent, etwa

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100 Oese: verursacht nach 3-10 Tagen Diarrhoe, Darmhämorrhagien, Milztumor, Schwellung der lymphat. Apparate, wird von Paratyphus B, Serum 1:5000. bloß in 1:100 agglutiniert. Auch ist dasselbe gefärbtem Nährboden gegenüber weniger aktiv als letzteres. Auch das Serum des Gärtnerschen Bazillus. 1:2000, agglutiniert bloß bis etwa zu 1:100.

Es gibt demnach Stämme, welche dem Typhusbazillus sehr nahe stehen, näher als selbst der Paratyphusbazillus A, welche aber keinesfalls als Abkömmlinge oder als künstliche Varietäten, allenfalls als natürliche Varietäten des Typhusbazillus betrachtet werden können. Allerdings gibt es auch Varietäten des Typhusbazillus selbst innerhalb der Grenzen des Typhusbazillus, so virulente und weniger virulente Stämme, chemisch und spezifisch mehr oder weniger aktive Fälle; dieselben gewinnen aber die spezifischen Charaktere der obigen Stämme ebensowenig. als diese letzteren derart umgewandelt werden können, daß sie die spezifischen Reaktionen des Typhusbazillus geben.

Der Paratyphus A-Bazillus oder ein sehr ähnlicher Bazillus wurde von mir in einem Falle von Assoziation mit dem Typhusbazillus gefunden: derselbe ist im übrigen selten. Meine zwei Stämme entsprechen den klassischen Beschreibungen. Er unterscheidet sich von Paratyphusbazillus B nach meinen Untersuchungen durch die wenig ausgebreiteten durchscheinenden flachen Kolonien: wächst etwas schwächer als selbst der Typhusbazillus, wird durch Typhusserum kaum beeinflußt, etwa 10 mal weniger als Paratyphus B und ebenso wenig von Paratyphus BSerum: manchmal mäßig durch den Enteritisbazillen Gärtner. Produziert in Petruskys Nährboden wenig Säure und bildet in Traubenzucker-Nährboden Gase. Der Bazillus ist schmäler als der Paratyphus B und besitzt weniger Geißeln als derselbe. Der Bazillus ist in der Regel virulent im Sinne der virulenten Typhusbazillen, doch auch nach Ingestion verursachte er Septikämie. Seine Toxine widerstanden nicht einer Erhitzung von 100°. Seine Säurebildung auf Petruskys Nährboden ist eben etwas geringer als jene des Typhusbazillus. Auf Drigalsky wächst er kaum bläulich durchscheinend.

Im Nährboden nach Buchholz entfärbt es nicht nur Neutralrot, wie dies Buchholz angibt, sondern auch Malachitgrünagar; letzteres allerdings mäßiger und erst nach 1-3 Tagen, nicht aber Lakmus und Orceïn. Er verhält sich also dem Typhusbazillus gerade entgegengesetzt. Durch diese Charaktere allein kann er aber nicht von letzterem unterschieden werden, da, wie wir gesehen haben, durchaus nicht alle Paratyphus B-Stämme so energisch entfärben wie dies Buchholz annimmt.

Gruppe Paratyphus B.

Dieselbe kann in verschiedene spezifisch-virulente Formen sowie in zwei Untergruppen eingeteilt werden: die Gruppe des Mäusetyphusbazillus, zu welcher der Schweinepestbazillus und die meisten Fleischvergiftungen Typus B gezählt werden können, und in jene des eigentlichen Paratyphus-Bazillus.

Diese Gruppen unterscheiden sich besonders deutlich auf den Nährböden nach Buchholz. Nach diesem Autor entfärbt der Para

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