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Die Bazillen der Typhusgruppe. Biologie und Differentialdiagnose der zur Typhusgruppe

gehörigen Bazillen.

Von

Prof. Dr. F. Löffler (Greifswald).

Die Bakterien der Typhusgruppe setzen sich zusammen aus einer großen Zahl von Bakterienarten, die zum Teil als die Erreger schwerer Allgemeinerkrankungen oder auch mehr lokaler krankhafter Veränderungen besonders des Verdauungstraktus und dessen Adnexe im Körper von Menschen und Tieren gefunden worden sind, die zum Teil aber auch als nicht pathogene Saprophyten vornehmlich die Verdauungswege von Menschen und Tieren bewohnen, und mit den pathologischen bzw. normalen Se- und Exkreten ausgeschieden, auch in den umgebenden Medien verbreitet sind.

Alle diese Organismen lassen sich botanisch-systematisch in eine natürliche Familie einordnen, die man nach der bedeutungsvollsten und am besten studierten Art, den Typhusbakterien, als die Familie der -Typhaceen" bezeichnen kann.

Die Familie ist dadurch charakterisiert, daß die Individuen aus kurzen, an den Enden abgerundeten Stäbchen bestehen, die keine endogene Sporenbildung erkennen lassen, sich nicht nach Gram färben, in Nährgelatine runde, ovale oder wetzsteinförmige graue bis braune, mehr oder weniger scharf gekörnte Tiefenkolonien und flache runde oder rundliche auch wellige Ränder darbietende, vielfach mit eigenartigen Furchen versehene Oberflächenkolonien bilden, und die Nährgelatine nicht verflüssigen.

Die verschiedenen Arten lassen sich von einander unterscheiden durch eine Reihe von morphologischen und biologischen Eigentümlichkeiten. Die Individuen der einen sind unbeweglich, anderer wenig beweglich, wieder anderer lebhaft beweglich durch mehr oder weniger zahlreiche, peritriche Geißeln. Die einen bilden in Peptonlösungen Indol, andere nicht, die einen Proteinochrom, die anderen nicht. Sehr verschieden ist ihr Verhalten gegenüber den verschiedenen Zuckerarten. Die einen vermögen keine Zuckerart zu vergären, andere nur eine, wieder andere mehrere. Zum Teil erzeugen sie Säuren, zum Teil alkalische Produkte. Sie unterscheiden sich ferner durch ihr pathogenes Verhalten, die einen sind nur für eine bestimmte Spezies pathogen z. B. für den Menschen, für das Schwein, für die Maus, andere sind es für verschiedene Spezies. Die einen besitzen eine stark giftige Leibessubstanz, wieder andere scheiden giftige Stoffwechselprodukte ab, die zum Teil hitzebeständig, zum Teil dies nicht sind. Von besonderer Bedeutung für die Differenzierung ist der Umstand, daß sie durch hochwertige, durch Vorbehandlung von Tieren mit ihnen, erzeugte Antikörper spezifisch beeinflußt, teils agglutiniert, teils aufgelöst werden im Pfeifferschen Versuch.

Für die Unterscheidung der verschiedenen Arten eignen sich solche flüssige oder gallertige Nährsubstrate, die mit färbenden Stoffen versetzt sind, deren charakteristische Veränderung die Einwirkung auf gewisse Komponenten des Substrates augenfällig erkennen lassen. Als Farbstoffe, die sich in besonders charakteristischer Weise verändern durch die Einwirkung bestimmter Arten haben sich bewährt Lakmus, Neutralrot, Malachitgrün und Orcein in 0,3-0,5% Nähragar nach Oldecop (Buchholz).

Für die Differentialdiagnose haben sich mir zwei von mir zusammengesetzte Lösungen als besonders brauchbar erwiesen, die ich als Typhus- und Paratyphuslösungen bezeichnet habe.

Die Typhuslösung enthält 2% Pepton, 1% Nutrose, 1% Traubenzucker, 5% Milchzucker, 1,5% Normalkalilauge.

Die Paratyphuslösung hat die gleiche Zusammensetzung, nur fehlt

von

ihr der Traubenzucker. Beide Lösungen erhalten einen Zusatz 1 ccm einer 0,2% igen Malachitgrünkristalle chemisch rein (Hoechst)Lösung.

Mit Hilfe dieser Lösungen und der spezifischen hochwertigen Sera lassen sich folgende Unterfamilien oder Tribus aufstellen:

I. Typheae, vergären Typhuslösung nicht, sondern fällen sie typisch

aus oder lassen sie unverändert;

vergären Paratyphuslösung nicht, lassen sie unverändert oder machen sie milchig trübe.

II. Josarceae (von tóc, Gift und σαρξ, Fleisch) vergären Typhuslösung unter Schaumbildung, entfärben Paratyphuslösung.

III. Coleae, vergären beide Lösungen unter Schaumbildung.

I. Typheae.

Diese Unterfamilie umfaßt:

1. den Bacillus typhi, lebhaft beweglich. Fällt Typhuslösung typisch aus, verändert Paratyphuslösung fast gar nicht, wird agglutiniert durch Typhusserum, nicht pathogen für Versuchstiere. Pathogen ausschließlich für den Menschen.

2. Bacillus dysenteriae Flexner, beweglich, fällt Typhuslösung aus, verändert Paratyphuslösung nicht. Agglutiniert nur durch Flexner-Serum. Pathogen nur für den Menschen, nicht für Versuchstiere.

aus.

3. Bacillus dysenteriae Shiga-Kruse, nicht beweglich, verändert die Grünlösungen nicht, fällt Typhuslösung ohne Grün Agglutiniert nur durch Shiga-Kruse-Serum. Pathogen nur für den Menschen, nicht für Versuchstiere,

4. Bacillus typhosimilis, beweglich. Fällt Typhuslösung aus, macht Paratyphuslösung milchig grün. In verunreinigten Wässern, in Fäzes.

5. Bacillus pseudodysenteriae, verändert beide Lösungen nicht, durch Flexner- und Shiga-Kruse-Serum nicht agglutiniert. In Fäzes.

II. Josarceae.

1. Bacillus paratyphi A (Bacillus paratyphosus acidum faciens Schottmüller), beweglich. Vergärt unter Schaumringbildung Typhuslösung, macht Paratyphuslösung etwas dunkler grün, agglutiniert durch Paratyphusserum. Pathogen für den Menschen und experimentell für Mäuse per os.

2. Bacillus paratyphi B. - iosarcinus Schottmüller, vergärt Typhuslösung, entfärbt Paratyphuslösung, lebhaft beweglich. Agglutiniert durch Paratyphus B-Serum. Pathogen für den Menschen, gefunden auch im Rind, Schaf, Schwein, Pferd. Tötet bei subkutaner Impfung Mäuse, Meerschweinchen, Kaninchen, bei Verfütterung nur Mäuse, nicht immer.

Mit ihm identisch scheinen zu sein die Erreger der Gruppenerkrankungen in Aertryck, Breslau, Meirelbeck, Calmphont, Posen, Düsseldorf, Greifswald.

3. Bacillus typhi murium. In den Lösungen: wie Bacillus Para B; agglutiniert durch Para B-Serum. Pathogen bei Fütterung nur für Mäuse und Feldmäuse, nicht für andere Spezies.

4. Bacillus Danycz (Isatschenko-Dunbar). In den Lösungen wie Bacillus Para B; agglutiniert durch Para B-Serum. Pathogen für Mäuse und Ratten.

5. Bacillus Psittacoseos

auch für den Menschen.

wie Para B. Pathogen für Papageien,

6. Bacillus enteritidis-iosarcinus Gaertner. In den Lösungen wie Para-B. Agglutiniert durch Gaertner-Serum, nicht durch Para B-Serum. Bildet hitzebeständige Gifte, nicht immer. Im Menschen, im Rind.

Analog verhalten sich die Erreger der Vergiftungen in Rumfleth, Haustädt, Morseele, Brüssel, Gent, Brügge.

7. Bacillus iosarcinus, n. sp. Aus Organen und aus Darmentleerungen bei Fleischvergiftungen in Lassan und Barth. In den Lösungen wie Para B. Nicht agglutiniert durch Para B- und Gaertner-Serum. Pathogen für Mäuse und Meerschweinchen bei subkutaner Impfung.

8. Bacillus suipestifer oder pneumoenteritidis suis wie Bacillus paratyphi B in den Lösungen. Nur pathogen für Schweine, agglutiniert durch Schweinepestserum.

III. Coleae.

1. Bacillus coli communis, nicht beweglich oder wenig beweglich. Vergärt Typhus- und Paratyphuslösung. Agglutiniert durch Coli-Seram. Im normalen Darminhalt.

2. Bacillus paracoli, noch nicht näher studiert.

In der Litteratur sind außer den genannten eine große Zahl von Bakterien beschrieben, darunter namentlich eine Anzahl aus dem Menschen gewonnene von Babes, die in die Familie der Typhaceen einzuorden sein dürften. Um die Erkenntnis dieser überaus wichtigen Familie zu fördern, dürfte es sich empfehlen, eine 3-5gliedrige Kommission zu ernennen, die mit den vergleichenden Untersuchungen aller diesbezüglicher Organismen zu betrauen wäre und die auf dem nächsten internationalen hygienischen Kongresse über die Ergebnisse zu berichten hätte.

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Die Bazillen der Typhusgruppe.

Erfahrungen in Deutschland über klinische Symptome, pathologische Anatomie und Epidemiologie der Erkrankungen, welche durch die zur Typhusgruppe gehörigen Bazillen verursacht werden.

Von

Dr. Otto Lentz (Charlottenburg).

Die Fortschritte der Bakteriologie und im besonderen die wissenschaftlichen Ergebnisse der auf Anregung von Robert Koch im Südwesten des Deutschen Reiches inaugurierten Typhusbekämpfung haben. bewirkt, daß unsere Ansichten über den Typhus sich in den letzten Jahren erheblich geändert haben.

Noch bis in den Beginn des 20. Jahrhunderts hinein galt der Typhus abdominalis für eine Infektionskrankheit, welche sich im wesentlichen im Darm und den zu ihm gehörigen Lymphapparaten abspielte. Die Beteiligung des übrigen Organismus, auf die besonders Liebermeister hingewiesen hatte, wurde auf Rechnung der - hypothetischen Toxine des Typhusbazillus oder auf Mischinfektionen mit anderen pathogenen Mikroorganismen bezogen.

An dieser Auffassung änderte zunächst auch nichts der Nachweis des Typhusbazillus in den Roseolen, dem zirkulierenden Blute, im Urin und in der Galle. Zwar wurde auf Grund solcher Befunde von bakteriologischer Seite, Wright, mir u. a., die Ansicht ausgesprochen, daß der Typhus abdominalis zu den septikämischen Krankheiten gehöre, sie fanden jedoch hierin zunächst nicht die Zustimmung der Kliniker. Erst in jüngster Zeit vertreten Jürgens sowie Stadelmann und Wolff-Eisner die Auffassung, daß der Typhus seinem allgemeinpathologischen Charakter nach als eine Sepsis aufzufassen sei.

Auch manche andere Ansicht über den allgemeinen Verlauf der Typhusinfektion mußte neueren Anschauungen Platz machen. Daß die Typhusbazillen nicht nur den lymphatischen Apparat des Darms, sondern auch bereits in den oberen Abschnitten des Digestionstraktus in den allgemeinen Säftestrom übertreten können, beweist das häufige Vorkommen von Angina im Beginn des Typhus -nach v. Drigalski in 40% aller Typhen sowie der Befund von Typhusbazillen im Tonsillenabstrich. Solche Anginen können sogar vollständig das klinische Bild beherrschen. Daß der Typhusbazillus nicht, wie man früher all

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