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IV, 12

Die Berufskrankheit der Caissonarbeiter.

Ueber ein prophylaktisches Verfahren Sauerstoff von niederem Partiärdruck für Tieftaucher.

Von

Verwendung von zur Dekompression

Dr. phil. et med. Hermann Ritter von Schroetter (Wien).

Trotz wiederholter Vorschriften, die Druckverminderung von hohem Druck, also bei einem Aufenthalt in Meerestiefen von 30 bis 50 m langsam und gleichmäßig zu bewerkstelligen, kommen dennoch schwere Erkrankungs- und Todesfälle bei den Taucherarbeiten aller Staaten

vor.

Dieselben beruhen bekanntlich auf dem Umstande, daß der unter hohem Druck absorbierte Stickstoff während der Dekompression in Form von Gasblasen in den Körpersäften und dem Blute frei wird und, in lebenswichtige Zentren verschleppt, schwere Schädigungen, bzw. den Tod herbeiführt.

Vortragender hat bereits in seinem Werke, betitelt „Der Sauerstoff in der Prophylaxe und Therapie der Luftdruckerkrankungen, Berlin, A. Hirschwald, 1904 bzw. 1906" auf ein Verfahren aufmerksam gemacht, durch welches beabsichtigt ist, den Stickstoffüberschuß in den Körpersäften vor der Druckverminderung zu beseitigen, indem der Taucher noch unter vollem Drucke Sauerstoff atmen soll, wodurch das Gefälle des Stickstoffes ca. 100% beträgt und dieser, wie wissenschaftliche Untersuchungen lehren, in ca. 5 Minuten aus dem Körper entfernt wird.

nun

Die praktische Verwendung dieses Gedankens erweist sich leider für hohe Drücke i. e. Drücke über 2 Atmosphären oder Wassertiefen von mehr als 20 bis 30 m deshalb undurchführbar, da der Sauerstoff von entsprechend hohem Druck selbst schwere Schädigungen des Organismus herbeiführt.

Da es sich aber gerade darum handelt, die Dekompression in Tiefen über die genannte Grenze bis zu solchen von 60 m gefahrlos zu gestalten, so beabsichtigt Vortragender nunmehr die durch die Benutzung von Sauerstoff hoher Spannung resultierenden Schädlichkeiten dadurch zu beseitigen, daß er nicht reinen Sauerstoff, sondern Sauerstoff von niederem partiären Druck, das heißt eine Mischung von Sauerstoff mit einem anderen indifferenten Gase insbesondere mit Wasserstoff oder Methan anwenden will. Der Taucher hätte somit vor Verlassen des hohen Druckes bzw. der Wassertiefe, in welche er getaucht hat, eine Mischung von Sauerstoff und Wasserstoff oder Sauerstoff und Methan durch mehrere Minuten einzuatmen, um sich dann unter Fortatmung des Gasgemisches mehr oder minder rasch dekomprimieren zu können, da der die gefährlichen Erscheinungen verursachende Stickstoff beseitigt ist.

Der Umstand, daß während der Zeit von ca. 5 Minuten nunmehr Wasserstoff oder Methan ins Blut aufgenommen werden, die ebenfalls in Form von Gasblasen frei werden könnten, kommt wegen der Kürze der Zeit, während welcher diese beiden Gase absorbiert werden, praktisch nicht in Frage und namentlich dann nicht, wenn die Atmung während der Dekompression entsprechend geregelt wird.

Diese Erwägungen bedingen in Kürze die Verwendung einer Mischung von Sauerstoff und Wasserstoff bzw. Sauerstoff und Methan, etwa im Verhältnis von 20 zu 80% etc., welche Mischungen auf hohen Druck komprimiert, in einem Stahlzylinder vom Taucher mitzuführen wären. Derselbe hätte dann vor Verlassen der Wassertiefe im Wege eines geeigneten Regulierungshahnes das Gas in den Helm einströmen zu lassen und mittels Mund und Nase zu veratmen, um sich dann unter noch näher präzisierbaren Bedingungen zu dekomprimieren.

Ein Zylinder von 2 Litern Fassungsraum (bei normalem Druck) würde, bei einer Kompression des Gases auf 120 Atmosphären den für den gedachten Zweck erforderlichen Bedarf garantieren.

Es versteht sich, daß bezüglich des Mischungsverhältnisses der Gase, der absoluten Menge derselben sowie anderer Details bezügliche Untersuchungen in Vorbereitung sind.

Durch die Verwendung von 2 getrennten Zylindern für Sauerstoff und Wasserstoff (Methan), sei es, daß dieselben vom Taucher mitgeführt oder mit der Pumpe in geeigneter Weise verbunden werden, könnte während des Aufstieges die Wasserstoffspannung progressiv vermindert, jene des Sauerstoffes gesteigert und dieser Art die aus der Absorption von Wasserstoff oder Methan resultierende Gefahr durch vollständige Auswaschung der möglicherweise freiwerdenden Gase beseitigt werden. In der angegebenen Weise (zwei Zylinder) könnte auch eine bessere (maximale) Ausnützung des Verfahrens für verschiedene Tauchtiefen erreicht werden, ebenso ließe sich die Zeit, während welcher der Taucher das Gasgemisch unter konstantem Drucke zu atmen hätte, kürzen, indem die Auswaschung des Stickstoffes auf die Dauer der Dekompression verlegt würde etc.

Vortragender hofft, demnächst nähere Mitteilungen über geeignete Apparate und praktische Ergebnisse berichten zu können.

IV, 13

Hebung der Hygiene der arbeitenden Klassen durch die

Invalidenversicherung.

Von

Geh. Reg.-Rat Bielefeldt (Lübeck).

Das in den §§ 18 bis 23 und § 47 des deutschen Invalidenversicherungsgesetzes vom 13. Juli 1899 den Versicherungsträgern eingeräumte Recht der Krankenfürsorge ermöglicht es, durch geeignete Maßnahmen der Gesundheitspflege eine zur Rentengewährung verpflichtende Invalidität bei den Versicherten zu verhüten oder zu beseitigen. Wenngleich es sich hierbei nur um Nebenleistungen handelt, so sind doch durch jene Gesetzesbestimmungen die Organe der deutschen Invalidenversicherung infolge ihrer großen Leistungsfähigkeit und mit Rücksicht auf ihr finanzielles Interesse an einer möglichst langen Erhaltung der Erwerbsfähigkeit bei den arbeitenden Klassen die Hauptstützen aller auf die Hebung der Volkshygiene gerichteten Bestrebungen geworden.

Was zunächst die gesetzlichen Geldleistungen der Invalidenversicherung betrifft, so sollen sie zwar in erster Linie die für den Kranken und seine Familie aus der vorübergehenden oder dauernden Erwerbsunfähigkeit sich ergebenden „wirtschaftlichen" Nachteile ausgleichen. Ihr großer Einfluß auch auf die Gesundheitsverhältnisse der Arbeiterfamilie ist aber nicht zu verkennen, und zwar sowohl hinsichtlich der Krankheitsverhütung als der Krankheitsheilung.

Die Invalidenversicherung leistet als bare Entschädigungen an die Versicherten:

1. Invaliden- und Krankenrenten, d. h. Renten für dauernde oder ununterbrochen länger als 26 Wochen andauernde Erwerbsunfähigkeit in Höhe von jährlich etwa 116 bis 450 М.

2. Altersrenten in Höhe von jährlich 110 bis 230 M.

3. Beitragserstattungen bei Heirat, Unfall, Tod in Höhe des halben Wertes der geleisteten Beiträge.

4. Angehörigenunterstützung während der Dauer des für Versicherte übernommenen Heilverfahrens.

Welchen Umfang die vorgenannten Geldleistungen angenommen haben, ergibt folgende Uebersicht:

Es sind gezahlt worden von den sämtlichen Trägern der deutschen Invalidenversicherung (Versicherungsanstalten, Kasseneinrichtungen) in den Jahren 1891-1905

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Diese Geldleistungen kommen fast ausschließlich solchen Arbeitern zugute, die mehr oder weniger in ihrer Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt sind. Bestände die Arbeiterversicherung nicht, so müßte die weit überwiegende Mehrzahl der Fälle einer Erkrankung, von Invalidität oder Alter Not und Elend nach sich ziehen. Denn der Arbeitsverdienst reicht in der Regel nur aus für die gewöhnlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens, er versagt dagegen bei außergewöhnlichen Störungen der Arbeitskraft des Ernährers einer Familie. Zwar steht jedem Arbeiter der Weg der Privatversicherung offen. Ganz abgesehen aber davon, daß die große Masse der Arbeiter aus Mangel an Einsicht und in Verkennung des hohen Wertes einer vorsorgenden Versicherung einen derartigen Weg nicht beschreiten würde, wäre er dem Arbeiter vielfach schon wegen der Höhe der zu entrichtenden Beiträge verschlossen.

Durch die Geldleistungen der Invalidenversicherung wird verhindert, daß der Arbeiter in Zeiten, in denen seine Kräfte zum Unterhalte der Familie nicht ausreichen, der stets unvollkommenen Armenpflege anheimfällt. Es wird verhindert, daß der Kranke, der Invalide und seine Familie darben, daß die durch Leiden und Gebrechen bereits beeinträchtigten Körperkräfte unter einer ungenügenden Ernährung noch mehr dahinschwinden. Not und Entbehrungen im Anschluß an Erkrankungen bilden so häufig die Ursachen weiterer Krankheiten, ja selbst der Degeneration einer Familie. Krankheiten in einer deutschen Arbeiterfamilie können niemals zu deren Untergang führen, da die notwendigen materiellen Lebensbedingungen auch dem erwerbsunfähigen und in seiner Erwerbsfähigkeit beschränkten Arbeiter durch die Versicherung gewährleistet sind.

Wertvoller noch als die Geldleistungen ist für die Hygiene der arbeitenden Klassen die Befugnis der Träger der Invalidenversicherung, erkrankte Versicherte, sofern der Eintritt oder die Fortdauer der Invalidität als Folge der Krankheit zu befürchten ist, auf ihre Kosten in Heilbehandlung zu nehmen. Eine gesetzliche Verpflichtung hierzu auf seiten der Versicherungsträger besteht nicht. Daraus folgt, daß die Versicherten nicht in der Lage sind, eine von ihnen geforderte Heilbehandlung im Klage- oder Beschwerdewege zu erzwingen. Die Versicherungsanstalten und Kasseneinrichtungen der Invalidenversicherung haben vielmehr nach freiem Ermessen zu bestimmen, ob, in welcher Höhe und für welche Zeitdauer sie im Einzelfalle die Kosten eines Heilverfahrens tragen wollen oder nicht. Diese den Versicherten an sich ungünstige Rechtslage hat in der Praxis zu begründeten Klagen keinen Anlaß gegeben. Denn einmal werden die Versicherungsanstalten durch ihre eigenen, auf Befreiung von der Rentenlast gerichteten Interessen dahin geführt, von ihrer Befugnis in allen geeigneten Fällen ausgiebigen und umfassenden Gebrauch zu machen. Sodann aber kommt in Betracht, daß die Heilbehandlung der Invalidenversicherung in keinem Falle die dem Versicherten etwa zustehenden Ansprüche auf Rente zu ersetzen vermag. Das Invalidenheilverfahren stellt nämlich nicht, wie die Heilbehandlung bei den übrigen Arbeiterversicherungsgesetzen, eine Art der dem Versicherten zustehenden Entschädigung dar, die den Hauptanspruch (Unfallrente, Krankengeld) beseitigt; es bildet vielmehr eine dem Ermessen der Versicherungsanstalten überlassene Sonderleistung, die nicht dazu bestimmt ist, den eigentlichen Gegenstand der Versicherung zu ersetzen. Ansprüche auf Invaliden- oder Altersrente können daher auch während der Dauer der Heilbehandlung in allen Instanzen verfolgt werden, und es haben die Versicherungsanstalten, wenn sich im Laufe des Verfahrens ergeben sollte, daß die dauernde Erwerbsunfähigkeit des in Heilbehandlung Genommenen schon vor oder während der Behandlung eingetreten ist, unweigerlich zu den Heilbehandlungskosten auch noch die Rentenlast zu tragen. Zwar wird dieser Fall bei der immerhin gebotenen Vorsicht in bezug auf die Auswahl der Kranken, soweit „dauernde" Erwerbsunfähigkeit in Frage kommt, nur selten eintreten. Anders liegen aber die Verhältnisse bei der Invalidenrente für „vorübergehende" Erwerbsunfähigkeit von mehr als 26 Wochen (sogenannte Krankenrente). Hier sind die Versicherungsanstalten namentlich bei chronischen Erkrankungen, deren völlige Heilung erfahrungsgemäß oft einen längeren, ununterbrochenen Zeitraum in Anspruch nimmt, genötigt, mit Beginn der 27. Behandlungswoche die volle gesetzliche Invalidenrente an den Kranken zu zahlen.

Was den Umfang des Rechtes der Heilbehandlung betrifft, so sind alle den Bestrebungen der Versicherungsanstalten etwa hinderlichen Schranken beseitigt. Es können deshalb Leistungen, wie ärztliche Behandlung, Arznei, Krankenwartung, Bandagen, Fahrstühle, Weine und andere Stärkungsmittel sowie künstliche Gliedmaßen, besondere Stiefel, Anstaltskleidung usw. durch die Versicherungsanstalten übernommen werden. Das Gleiche gilt von den Kosten der Reise des Kranken zur und von der Heilanstalt. Ferner ist es für die Maßnahmen der Versicherungsanstalten ohne Bedeutung, ob ein Versicherter der reichsgesetzlichen Krankenversicherung unterworfen ist oder nicht. Gehört er einer Krankenkasse an, so muß die Versicherungsanstalt, wenn sie das Heilverfahren übernimmt, mindestens alle der Krankenkasse gesetzlich und statutarisch obliegenden Leistungen gewähren, also unter Umständen neben ärztlicher Behandlung, Arznei und Krankengeld auch die etwa den Angehörigen des Kranken zu leistenden Beträge sowie das neben freier Kur und Verpflegung in einem Krankenhause (Heilstätte) statutarisch zugelassene besondere Krankengeld. Um aber die der reichsgesetzlichen Krankenversicherung nicht unterliegenden Versicherten, insbesondere land- und forstwirtschaftliche Arbeiter, im Falle ihrer Aufnahme in ein Krankenhaus nicht ungünstiger zu stellen, als die krankenversicherungspflichtigen Personen, ist das Recht auf Angehörigenunterstützung im Falle der Unterbringung in einem Krankenhaus usw. sämtlichen Versicherten eingeräumt, die bis zu ihrer Erkrankung den Unterhalt der Familie aus ihrem Arbeitsverdienste bestritten haben.

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